SLS-Water
Nachweis der Standsicherheit von Abbauböschungen in Sand und Kies unter Wasser
Berbeiter: Dr.-Ing. A. Richwien
Zur Deckung des Bedarfs von Sand und Kies ist seit langem auch der Abbau unter Wasser üblich. Der Anteil des Unterwasserabbaus hat in jüngster Zeit zugenommen. Beim Nassabbau von Sand und Kies sind jedoch vermehrt Rutschungen und Böschungsbrüche an den Unterwasserböschungen zu erwarten. Von den Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden werden regelmäßig Standsicherheits-nachweise der Abbaurandböschungen gefordert. Mit diesem Nachweis soll sichergestellt werden, dass Abbaugrenzen nicht überschritten werden und insbesondere Beschädigungen an Bauwerken (Straßen, Leitungen) entlang der Abbaugrenzen dauerhaft ausgeschlossen werden.
Der Nachweis der Standsicherheit für die Abbauböschungen muss in der Praxis nach den Regeln der DIN 4084 geführt werden. Diese Norm behandelt die Standsicherheit von Böschungen im Lockerge-stein. Im Allgemeinen werden Einflüsse aus dem Abbau für den Nachweis der Standsicherheit nicht angesetzt, stattdessen sollen ggf. ungünstig wirkende Einflüsse aus der Abbaumethode in Form einer böschungsparallelen Strömung erfasst werden (MEYER & FRITZ: Unterwasserböschungen aus Sicht der Bodenmechanik, Zeitschrift für angewandte Geologie 47 (2001) H. 1). Damit können nach DIN 4084 standsichere Böschungen nur mit einer Böschungsneigung ausgeführt werden, die etwa dem halben Winkel der inneren Reibung des Lagerstättenmaterials entspricht und somit relativ flach ist. Erfahrungen aus dem Abbaubetrieb zeigen aber, dass Unterwasserböschungen auch sehr viel steiler dauerhaft standsicher sind. Dies lässt sich dadurch erklären, dass viele Einflüsse wie z. B. eine Struk-turfestigkeit im Rahmen des Nachweises nicht berücksichtigt werden.
Abhängig vom jeweiligen Interesse (Auskiesungsgrad und Ressourcenschonung einerseits, Sicher-heitsbedürfnis andererseits) ergeben sich unterschiedliche Zielvorstellungen. Beim Rohstoffabbau wird die vollständige Auskiesung der Lagerstätte immer wichtiger. Um dieser Ziel zu erreichen, be-müht man sich um die Auswahl geeigneter Abbaugeräte, man setzt vermehrt Abbaukontrollanlagen ein und plant Abbaustrategien. Die Anwendung des Standsicherheitsnachweises nach DIN 4084 mit ihren stark auf der sicheren Seite liegenden Vereinfachungen ist daher auf Dauer weder wirtschaftlich noch im Sinne der Ressourcenschonung. Eine Lösung dieses Zielkonflikt könnte ein Nachweiskonzept sein, in dem die Einwirkungen und Widerstände beim Nassabbau realitätsnah erfasst und die zu for-dernden Standsicherheiten auf das für den Einzelfall angemessene Maß reduziert werden, also je nach Risikopotential unterschiedlich festgelegt werden.
Im Rahmen der Arbeit sollen die Einwirkungen und Widerstände auf Abbauböschungen unter Wasser erfasst und physikalisch genau beschrieben werden. In einem weiteren Schritt wird für die zuvor defi-nierten Einwirkungen und Widerstände die Grenzzustandsgleichung für die Böschungsstandsicherheit aufgestellt. In dieser können auch instationäre Strömungskräfte berücksichtigt werden. Abschließend wird in einer Sensitivitäts- und Risikoanalyse das jeweilige Gefährdungspotential bewertet, mit dem Ziel, den einzelnen Einflussparametern realistische Teilsicherheitsbeiwerte zuzuweisen. Die Aufbereitung für den praktischen Gebrauch erfolgt abschließend durch Vergleichsrechnungen und durch die Analyse von in-situ Versagensmechanismen.