GeoStüko
Interaktionsverhalten von Geokunststoffen und Boden unter statischen und zyklischen Beanspruchungen
Bearbeiter: Dr.-Ing. A. Nernheim
Partner: Geokunststoffindustrie
Geokunststoffe werden beim Einsatz in Stützkonstruktionen, Erdfallüberbrückungen oder Brückenwiderlagern neben statischen Einwirkungen auch zyklisch-dynamischen Einwirkungen aus Verkehr, Maschinen oder Baubetrieb ausgesetzt. Im Rahmen des Nachweises der inneren Standsicherheit werden in diesen Konstruktionen detaillierte Kenntnisse des Interaktionsverhaltens zwischen Erdstoff und Bewehrungsmaterial im Verankerungsbereich gefordert. Zum Verhalten unter zyklisch-dynamischen Belastungen liegen aber bisher nur unzureichende Erfahrungen vor.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde zunächst ein zielführendes Versuchskonzept und ein standardisierter zyklischer Versuchsablauf zur Bearbeitung der Problematik entwickelt. Zu dessen Umsetzung erfolgte die Planung und Konstruktion eines neuartigen, multifunktionalen Versuchsstandes und Messsystems zur Durchführung großmaßstäblicher statischer und zyklischer Auszugsversuche.
In über 55 statischen Index- und Modellversuchen wurden als Kernparameter für die maximale Auszugskraft die Kornverteilung und Lagerungsdichte des Erdstoffes, die Einbindelänge der Bewehrung und die Auflast identifiziert, während für die Verschiebungsentwicklung im Wesentlichen die Einbindelänge und die Auflast relevant sind. Die Abschätzung der Lastabtragung und Kraftentwicklung im Bewehrungsmaterial ist bei Kenntnis einer Kraft-Dehnungs-Beziehung und der gemessenen Dehnungen im Probenmaterial möglich. Die überwiegende Lastabtragung erfolgt bei den untersuchten Gitterstrukturen über Mechanismen vor den Querstreben wie „passiver Erdwiderstand“ und „Interlock“.
In mehr als 80 zyklischen Modellversuchen wurden als maßgebende zyklische Einflussparameter das Oberlastniveau und die Amplitude der Lastspiele sowie die Lastspielzahl extrahiert. Eine Zunahme der Verschiebungen war mit steigender Lastspielzahl zu beobachten, wobei aber ein sicherheitsgefährdendes plötzliches Versagen bei Gitterstrukturen aufgrund der Lastabtragungskomponenten nicht beobachtet werden konnte. Die Lastabtragung zyklischer Modellversuche erweist sich im Vergleich zu den entsprechenden statischen Referenzversuchen als gleichmäßiger, da während der Aufbringung der Lastspiele eine Lastumlagerung in hintere Verankerungsbereiche vollzogen wird. Eine Verbesserung des Verbundverhaltens nach Aufbringung der Lastspiele aufgrund von Bodenverdichtungseffekten und einer „zyklischen Bodenverspannung“ wurde ebenfalls beobachtet.
Die Datenbasis wurde zur Entwicklung einer Methodik der stufenlosen Ermittlung zyklischer Verformungen in Abhängigkeit der Amplitude und des Oberlastniveaus der zyklischen Belastung sowie der Lastspielzahl herangezogen. Dabei ergaben sich geringfügige Unterschiede zwischen den untersuchten Bewehrungsmaterialien und Erdstoffen. Verformungsnetze verdeutlichen die Wirkung der maßgebenden Einflussparameter visuell. Um aus den verformungsbasierten Daten eine Aussage zum Grenzverhaltens des Systems ableiten zu können, erfolgte die Definition eines Versagenskriteriums. Damit lässt sich verformungsabhängig konkret ermitteln, ob eine Verankerung ein stabiles Verhalten aufweist oder Versagenstendenzen zeigt.
Aus den vorgestellten Versuchsergebnissen wurde ein allgemeingültiges Konzept zur Bemessung des Verankerungsbereiches zyklisch beanspruchter Konstruktionen entwickelt. Es werden ein Nomogramm- und ein analytisches Verfahren zur Verfügung gestellt, mit denen bei bekannten Einwirkungen eine optimale zyklische Verankerungslänge für jede Bewehrungslage einer geokunststoffbewehrten Konstruktion ermittelt werden kann. Eine Implementierung dieses Ansatzes in ein vorhandenes Bemessungskonzept ist möglich und wird an einem Beispiel exemplarisch gezeigt.